„Diese Strecke ist ein Wahnsinn, viel zu schmal für unsere schnellen Autos im schnellsten Stück." Mit dieser Ansicht stand der Brite Peter Gethin, mit einem 8 Liter McLaren Chevrolet Zweiter und neuer Rundenrekordhalter auf dem Norisring, nicht alleine da. Nahezu alle prominenten Piloten sind sich darin einig, daß die 3,94 km lange Stadtrundstrecke vor den Toren Nürnbergs, mit 192,2 km/h hinter Hockenheim die zweitschnellste Rennstrecke Deutschlands im Hinblick auf Sicherheit dringend renovierungsbedürftig ist.
Hauptsächlich der „Schlauch" in dem sich die Autos, nur getrennt durch Leitplanken und Sicherheitsstreifen, mit annähernd 280 km/h begegnen, ist Angriffspunkt harter Kritik. In diesem Streckenabschnitt hatte Hans Herrmann bei seinen Noris-Ring-Starts „schon immer ein ungutes Gefühl, weil diese Passage schon zu meiner Zeit für schnelle Wagen unzulänglich war".
Der Offenbacher Porsche 917-Fahrer Michel Weber bezeichnet das Überholen im Schlauch als „echte Mutprobe, weil man nie weiß, ob der Platz zum Vorbeifahren auch wirklich ausreicht". Einzig der Wuppertaler Porsche-Pilot Jürgen Neuhaus teilte die Meinung seiner Rennfahrerkollegen nicht: „Für mich", so Neuhaus, „gilt der Noris-Ring keineswegs als unsicher, ich halte ihn sogar für sicherer als Hockenheim.

Deshalb würde ich jederzeit wieder in Nürnberg starten, auch mit Autos, die schneller als 300 km/h sind".
Als Sicherheitsapostel Joakim Bonnier, er zählte übrigens in den letzten Jahren zu den fleißigsten Startern am Noris-Ring, 1970 in Nürnberg fuhr, ließ er den Veranstalter bei dieser Gelegenheit wissen, dass in Sachen Sicherheit etwas getan werden müsse. Rennleiter Gernot Leistner gab anläßlich des diesjährigen Rennens unumwunden zu, daß zwar für rund 100 000 Mark Leitplanken verlegt worden seien, aber dennoch nicht alle Vorschläge Bonniers realisiert werden konnten.
Leistner ist sich auch im klaren darüber, daß 1972 „ein Rennen mit solch schnellen Autos nur dann zu verantworten ist, wenn die Strecke, den neuen Verhältnissen angepaßt wird“. Immerhin stieg der Rundendurchschnitt in den letzten neun Jahren von 143,7km/h auf 192,2 km/h. Vordringlichstes Problem ist deshalb die Verbreiterung des Schlauchs beiderseits „um mindestens zwei Meter (Gethin) sowie die nachhaltige Absicherung der Zuschauer auf der Steintribüne bei Start und Ziel, denn hier bietet sich laut Gethin „ein zweites Le Mans geradezu an".

 

So hart die Fahrer mit der Strecke ins Gericht gehen, so lobend äußern sie sich über die Organisation, Rettungsdienst und Streckenposten. „Hier gibt es nichts, was zu kritisieren wäre", formulierte Michel Weber.
Obwohl die meisten Piloten die Gefährlichkeit des Noris-Rings seit Jahren kannten, fuhren sie immer wieder dort. Warum? Hans Herrmann findet hierfür vielleicht die treffendste Erklärung: „Uns hat weniger die Rennstrecke als die faszinierende Atmosphäre und das großartige Publikum dieses Rennens angezogen - und da schaut man halt über vieles hinweg." - Jetzt allerdings kann keiner mehr darüber hinweg schauen.

R. B.

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