Ferrari von Rodriguez zerschellte an einer Brückenmauer

Mexikaner fand 1971 als bis gestern letzter Rennfahrer den Tod auf dem Norisring — Kein Fremdverschulden — Bereits 1968 zwei Motorsportler tödlich verunglückt



NÜRNBERG - Die „200 Meilen von Nürnberg" wurden 1971 von einem entsetzlichen Unglück getroffen. In der zwölften Runde ereilte den in Nürnberg beliebten mexikanischen Rennfahrer Pedro Rodriguez, der auf allen Rennpisten der Welt startete, der Rennfahrertod.
Das Fahrzeug raste gegen eine Mauer und Pedro Rodriguez fing Feuer. Der schwerverletzte Rodriguez wurde sofort ins Krankenhaus gebracht, doch war ärztliche Kunst nicht imstande, dem Mexikaner das Leben zu retten.
Der Finne Leo Kinnunen schilderte den Unfall:
"Wir fuhren ungefähr 280 Stundenkilometer. Bei der Anfahrt der S-Kurve verbremste sich Rodriguez und kam aus der Ideallinie heraus zu weit nach rechts. Der Ferrari 512 des Mexikaners schlitterte an der Leitplanke entlang und prallte dort, wo diese endet, an die hervorragende Brückenmauer und zerschellte."
Oberstaatsanwalt Dr. Werner Bröckelt Leiter des Verkehrsreferats bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth widersprach ersten Gerüchten, die behaupteten, der Wagen von Pedro Rodriguez habe Augenblicke vor dem Unglück einen Reifen verloren. Ein Fremdverschulden lag seiner Ansicht nach nicht vor.


Unklar war lange, ob der Österreicher Kurt Hild in seinem Porsche 910 die blaue Flagge von zwei Streckenwärtern übersehen hatte, die ihm bedeuteten; rechts heranfahren und die schneller fahrenden Verfolger vorbeilassen. Denn kurz vor der Unfallstelle kam es beim Überholvorgang zur ersten kritischen Situation: der Finne Kinnunen bremste, fing aber seinen Porsche 917 noch ab. Pedro Rodriguez dagegen verlor Zeugenaussagen zufolge bei diesem Bremsmanöver die Kontrolle über seinen Wagen.
Drei Jahre zuvor waren zwei Rennfahrer am Norisring verunglückt: Beim Rundstrecken-Meisterschaftslauf raste der Münchner Bernd Stelzig an der Steinmauer in den Tod. Zwei Monate später starb der Münchner Motorradrennfahrer Hartmut Allner.
Nach Ende des Rennens waren im Fahrerlager Stimmen der Empörung laut geworden. Es hieß, man habe schon im vergangenen Jahr damit gedroht, nicht mehr zu starten, wenn die Strecke nicht sicherer gemacht werden würde. Jetzt habe man zwar neue Leitplanken hingebaut, die an der Unglücksstelle jedoch direkt an dem steinernen Brückengeländer enden, anstatt es abzuschirmen.

  Der Motorsport verlor mit Pedro Rodriguez, erst 31 Jahre alt, einen seiner interessantesten Rennfahrer. Der kleine, ehrgeizige Mexikaner, der für Porsche die Automobil-Markenweltmeisterschaft gewann, hatte wegen seiner Eigenwilligkeit unter den Grand-Prix-Fahrern nicht allzu viele Freunde. Ihn ereilte das gleiche Schicksal wie neun Jahre zuvor seinen damals 21 Jahre alten Bruder Ricardo. Ricardo, der damals als Weltmeisterschaftsanwärter galt, kam 1962 beim Training zum Großen Preis von Mexiko ums Leben. Pedro spielte anschließend mit dem Gedanken, vom Rennsport zurückzutreten, konnte diese Absicht jedoch nicht verwirklichen.
Als Sohn wohlhabender Eltern - er war Schüler einer amerikanischen Militärakademie - fuhr Pedro Rodriguez schon früh Rennen. Mit 12 Jahren saß er bereits auf dem Motorrad, mit 19 im privaten Ferrari, mit 23 im Lotus-Werksteam. Seinen ersten Grand-Prix-Sieg holte er1967 in Südafrika auf einem Cooper, ein Jahr später gelang ihm mit dem ersten Platz der 24 Stunden von Le Mans zusammen mit dem Italiener Lucien Bianchi (Ford GT 40) eine weitere Steigerung.
Vor dem Norisring hatte er von dem Schweizer Herbert Müller einen nagelneuen Ferrari 512 (5 Liter Hubraum und 600 PS) zur Verfügung gestellt bekommen, weil der 750-PS-Canam des Mexikaners wegen eines Defektes nicht einsatzfähig war.
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