Damals auf dem Norisring
Erinnerungen an Pedro
Rodriguez und den 11. Juli 1971
Von Petra Eibich
Damals, das waren die goldenen Zeiten der Jugend. Und damals war ich mal
grade 25 Jahre alt und hieß noch Petra Doetsch. Jetzt, wo ich drüber
nachdenke, es war sogar kurz nach meinem Geburtstag. Ich lebte zwischen
Bayreuth und Kulmbach im Kreise einer ziemlich unorthodoxen Familie. Mutter
fuhr Motorradrennen und machte sogar 'nen Deutschlandflug mit, und Vattern
war Hobbyflieger, Erfinder und fuhr jahrelang Rennen auf Maico (für
die Jüngeren: das waren mal Motorräder) und hatte Freunde und
Bekannte rund um den Erdball. So auch einen ganz lieben und nebenbei auch
reichen Mexikaner aus der Schickeria namens Alfonso Galan. Eben dieser
Alfonso Galan rief in dieser Zeit an und fragte uns nicht einfach, sondern
er informierte uns: Sein Freund Pedro Rodriguez - jawohl, der Formel-1-Fahrer
- werde sich zum Norisrennen die Ehre geben Fräulein Petra zum Rennen
und in die Box einzuladen. Mit Ausweis, VIP-Status und dem ganzen Drum
und Dran. „Na gut, dann fahr´n´mer da halt mal hin“, meinten
Mutter und ich. „Is' ja net weit.“ Aufgeregt war ich eigentlich gar nicht.
|
|
Im ESSO-Hotel
(wer weiss, ob's das noch gibt und wie es heute heißt) trafen wir
einen ziemlich gut aussehenden, aber auch ziemlich kurz und schmächtig
geratenen jungen Mann, der in perfektem Mexiko-Englisch "Arrre yuu
doooos girrls?" sofort auf gute Laune machte, ein bisschen Belangloses
erzählte (was auch sonst, er hatte uns ja gewissermaßen auf's
Auge gedrückt bekommen) und einen Umhängeausweis verpasste.
Seine Leute erklärten uns dann, dass er aber eigentlich nicht so
richtig viel Zeit für uns habe. Er musste ja ganz nebenbei ein Rennen
fahren, wenn auch nur als "Zugpferd" und im Auto von Herbert
Müller. Um es nicht zu lang zu machen: Stolz wie Bolle - und jetzt
doch aufgeregt - marschierten wir durch sämtliche Kontrollen zur
Box, ungehindert wie heute nur noch Kai Ebel vielleicht. Pedro, wenn man
Englisch spricht, duzt man sich ja eh, samt seinem Auto war schon da.
Und bescherte mir unvergessliche 10 Minuten: "Pliiiise, siit in de
car, I take fotooo"!!! Man stelle sich das vor!! Schumi setzt vor
dem Rennen 'ne Unbekannte einfach mal in sein Geschoss!!! Und macht auch
noch eigenhändig 'ne Aufnahme! Ferrari - und ein solcher war es ja
- Montezemolo, Jean Todt und 50 Leute mehr würden heutzutage Amok
laufen! Auf jeden Fall gestaltete sich die Sache gar nicht so einfach,
denn mein Hinterteil passte nicht so richtig in den für Pedro zurechtgeformten
Sitz. Der war mal eben geeignet für einen schmalen 13-Jährigen,
und ich wog trotz allem meine 68 Kilo! Aber ich wollte da rein. Egal wie!
und ich schaffte es auch. Selbst nach fast 35 Jahren weiß ich noch
ganz gut, wie ich mich damals gefühlt habe. Aber wer weiß,
was ich meine, der versteht auch, dass man das nicht so recht in Worte
fassen kann. So ein Trumm Auto, mit so´ner Power und mit wer weiß
was für Strecken, auf denen es schon gefahren war! Wahnsinn! Tja,
das Rauskommen war dann richtig peinlich. Wenn ich mich recht erinnere,
musste sogar jemand nachhelfen - Pedro brauchte ja den Wagen!
|
|
Dann
ging alles ganz schnell: Der Start, die Hektik, die gute Startposition,
die elfte oder zwölfte Runde, und beim nächsten Vorbeifahren
fehlte er! Informationen flogen durcheinander: Er lebt, er ist tot, er
ist leicht verletzt! Der blöde Skandinavier hat ihn auf dem Gewissen!
Es ist nicht so schlimm, Herbert Müller geht es aber gut... Tja,
heute weiß man alles.
Wir haben uns auf jeden Fall sofort aus dem Weg geräumt, sind traurig
nach Hause gefahren und haben Alfonso angerufen.
In der Folgezeit, erinnere ich mich, haben noch einige Leute bei uns angerufen.
Man wollte einfach wissen, was in den Minuten vor dem Start war. Gott
sei Dank gab es damals weder gierige Schundpresse noch übereifrige
RTLs oder Paparazzi und der Tod von Pedro wurde nicht - wie es heute so
üblich ist - würdelos breitgetreten, sondern es wurde über
ihn mit Wehmut berichtet.
Wie alt wäre Pedro eigentlich heute? So um die 65 –70, oder? Ich
habe ihn zwar nur so im Vorbeigehen in mein Leben aufgenommen, aber merkwürdigerweise
erinnere ich mich bis heute immer wieder mal an ihn. Schade um Pedro Rodriguez
und schön, dass ich ihn kennen lernen durfte.
|