Tod am Nachmittag
Beim Interserierennen auf dem Norisring verunglückte
Pedro Rodriguez tödlich. Neun Jahre zuvor starb sein Bruder Ricardo
beim großen Preis von Mexiko.
Schon seit 1967 haben beim 200 Meilen-Rennen auf dem Norisring großkalibrige
Sportwagen Vorfahrt. Weil von diesem Nürnberger Modell entscheidende
Anregungen ausgegangen waren, dem amerikanischen Kassenschlager CanAm
mit der Interserie für Renn- und Sportwagen unbegrenzten Hubraums
ein europäisches Gegenstück gegenüberzustellen, wird der
3,94 km lange Norisring als einzige nichtpermanente Rennstrecke ins Karussell
der neun Wertungsläufe einbezogen. Trotz größtmöglichen
Aufwands (in zwei Jahren wurden für 200 000 Mark Leitplanken montiert)
bietet der alljährlich einmal vom öffentlichen Verkehrsweg zur
Rennstrecke beförderte Kurs bestenfalls relative Sicherheit, ohne
den heutigen Vorstellungen von einer sterilen Sicherheits-Rennbahn genügen
zu können. Hierin liegt allerdings nicht die Ursache jenes tragischen
Schattens, der über dem von Chris Craft vor Peter Gethin gewonnenen
Rennen lag: In der zwölften Runde des ersten von zwei Rennläufen
fuhr der Ferrari 512 M des Mexikaners Pedro Rodriguez mit 250 km/h in
einem Aufprallwinkel von etwa 65 Grad gegen doppelte Leitplanken. Der
Wagen barst, fing Feuer und wurde wenige Meter danach an einem Mauervorsprung
endgültig zerrissen. Bestens ausgerüstete und geschulte Helfer;
die tags zuvor an einem brennenden Autowrack den Ernstfall geprobt hatten,
bargen Rodriguez in kürzestmöglicher Zeit. Nach vier Minuten
wurde die erste Bluttransfusion vorgenommen, das stillstehende Herz wurde
wieder zum Schlagen gebracht. Eineinhalb Stunden später versagte
es als Folge der Schädelbrüche, die Rodriguez erlitten hatte,
endgültig.
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Pedro
Rodriguez, dessen jüngerer Bruder Ricardo beim Training zum Großen
Preis von Mexiko 1962 den Rennfahrertod fand, konnte nur mit großem
Aufwand nach Nürnberg geholt werden. Nachdem der Achtliter-Chevroletmotor
seines BRM 167 auf dem Prüfstand explodiert war, dachte der Mexikaner
eigentlich nicht mehr daran, in die Noris zu kommen. Mit einem vierstelligen
Sonderhonorar bewegte man ihn schließlich, beim 200 Meilen-Rennen
einen Leihwagen des Schweizer Herbert Müller-Teams zu steuern, mit
dem er die zweitbeste Trainingszeit hinter Craft fuhr und zum Zeitpunkt
des Unfalls die Spitze vor Kinnunen hielt.
Nach tagelangen Prüfungen der vorhandenen Filme war der Unfallhergang
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rekonstruiert:
Rodriguez‘ Ferrari hatte den Porsche des Münchners Kurt Hild überholt
und war dabei zu weit nach links und mit zwei Rädern in den unbefestigten
Untergrund geraten. Beim notwendigen Bremsmanöver vor der folgenden
S-Kurve wurde der Ferrari nach rechts gerissen und zerbarst an den Leitplanken.
Ergebnis errechnet
Um 13.56 Uhr stand der Wagen des Mexikaners in Flammen, um 14 Uhr lag
Rodriguez bereits im Krankenwagen. Wenige Minuten später demaskierten
sich seine Kollegen. Rennleiter Leistner erklärte den auf 41 Runden
angesetzten ersten Rennlauf mit dem Ergebnis nach elf Runden für
beendet und neigte dazu, den zweiten Lauf (zu diesem Zeitpunkt stand der
Tod des 31-jährigen Rodriguez bereits fest) nicht mehr zu starten.
„Soll denn das Geld verlost werden?“ war das Argument der einen für
eine Fortsetzung des Rennens. „Pedro wäre auch
weitergefahren, wenn es fünf Tote gegeben hätte. Als sich im
Januar in Argentinien die Helfer um den brennenden Wagen Giuntis bemühten,
passierte er als einziger ohne Rücksicht mit voller Geschwindigkeit
die Unfallstelle“, erklärten andere.
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Es wurde
weitergefahren, obwohl beispielsweise ein Peter Gethin „auf diesen gefährlichen
Kurs nicht wiederkommen“ wollte, wie er vor dem Rennen kundtat. Nur der
Schweizer Herbert Müller und Leo Kinnunen zogen zurück. Der
Schweizer unter der Last des erst Tage danach von ihm gewichenen Selbstvorwurfs,
Rodriguez vielleicht ein defektes Auto geliefert zu haben. Kinnunen, weil
er als unmittelbarer Verfolger Rodriguez‘ unter Schockwirkung stand: „Ich
fuhr damals unter dem Eindruck des Todes von Hans Laine und verursachte
dann selbst einen gefährlichen Unfall. Das passiert mir nicht noch
einmal“. Die Ergebnisse der lnterserie wurden auf Fahrerwunsch errechnet.
Elf Runden des abgebrochenen Rennens und 15 des zweiten Laufes wurden
für die Prämierung der ersten Hälfte gewertet, die restlichen
26 Runden als zweiter Lauf.
Führung für Mass
GT- und Tourenwagen-Rennen um die deutsche Rundstreckenmeisterschaft bildeten
den Rahmen für die lnterserie. Nach einem neuerlichen Sieg ist Jochen
Mass (Ford Capri RS) mit 48 Punkten erster Anwärter auf den Titel
vor dem Alfa-Fahrer Dieter Gleich (45).
Nicht die Konkurrenten bedrohten den Ford-Werksfahrer am Norisring, dafür
aber in zweifacher Hinsicht die Auswirkungen von Entscheidungen der Sportbehörden.
Unverständlicherweise hatte man diesen Meisterschaftslauf parallel
zum Sechsstundenrennen auf dem Nürburgring angesetzt, sodaß
Mass bis zur letzten Minute bangen mußte, ob in seiner Klasse bis
drei Liter Hubraum überhaupt die notwendigen fünf Wagen starten
würden. Um Mass nicht durch Fernbleiben um die Meisterschaftschancen
zu bringen, rollte Ridder einen kranken Opel Commodore an den Start. „Hat
es doch geholfen, daß ich die Opel-Leute in den letzten Tagen so
freundlich anlachte“, stellte Ford-Organisator Michael Kranefuß
befriedigt fest. Schon im nächsten Jahr wird ein vernünftigerweise
geänderter Meisterschaftsmodus Streichresultate zulassen.
hI.
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