Internationales
ADAC-Norisring-Rennen
Abgesehen vom 1000-km-Rennen und den deutschen Europa-Bergmeisterschaftsläufen
gibt es bei uns nur ganz wenige Veranstaltungen, bei denen der Zuschauer
ein reichhaltiges und ausgewähltes Sportwagenfeld vorfindet. Es
ist und bleibt für die deutschen Veranstalter nach wie vor ein
Problem, Sportwagen oder Sportprototypen an den Start zu bekommen. Einmal
liegt das daran, daß es bei uns in dieser Richtung kaum oder fast
gar kein entsprechendes Fahrzeug-Material gibt, und zum zweiten sind
die ausländischen Rennställe und Sportwagenfahrer in der Tat
ziemlich teuer. So ist es auch gar nicht weiter verwunderlich, daß
sich außer den großen Clubs, wie ADAC oder AvD, kaum ein
Veranstalter zu diesem Risiko entschließt. Eine rühmliche
Ausnahme macht hier allerdings schon seit Jahren der Motorsport-Club
Nürnberg mit seinem Sportleiter Gernot Leistner an der Spitze.
Man kann fast sagen,
dieser Club hat die Ideallösung mit dem geringsten Risiko gefunden.
Gernot Leistner — früher selbst viele Jahre aktiv — holt sich für
sein Norisring-Rennen nämlich nicht nur ein recht stattliches internationales
Feld von Sportwagen und Prototypen an den Start, sondern berücksichtigt
auch das nicht gerade kleine Motorrad-Publikum mit entsprechenden Startverpflichtungen.
Damit hat man in Nürnberg gleich zwei Fliegen mit einer Klappe
geschlagen, denn durch die Motorradrennen bekommt der Veranstalter ja
praktisch die doppelte Zuschauerzahl an die Strecke. Daß der Norisring
selbst bei unsicherer Witterung sein festes Stammpublikum hat, dürfte
beim diesjährigen Rennen ziemlich klar bewiesen sein: Nicht weniger
als 50000 Zuschauer umlagerten den 3,9 km langen Stadt-Rundkurs auf
dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände! Und diese stolze Zahl wird
wohl auch diesmal dafür gesorgt haben, daß trotz enormer
Ausgaben die Kasse des MC Nürnberg wieder stimmt.
Für diese Grand-Tourisme-
und Sportwagen über 1300 ccm zählte der Norisring als fünfter
Lauf zur deutschen Rundstrecken-Meisterschaft. Die Solomotorräder
bis 50, 250 und 500 ccm sowie die Gespanne bis 500 ccm bewarben sich
um Punkte für die Straßen-Meisterschaft. Große Namen
wie Deubel/Hörner, Scheidegger/Robinson und Auerbacher/Dein sorgten
allein hier schon für den nötigen Publikumszustrom. Nachdem
alle Motorradläufe mit Siegen durch Anscheid (50 ccm), Beer (250
ccm), Grasetti (500 ccm) und Scheidegger/Robinson (Gespanne) abgewickelt
waren, füllten die einzelnen Wagenrennen das Programm der zweiten
Tageshälfte. Die Grand-Tourisme-Wagen waren in zwei Rennen (bis
1600 und über 1600 ccm) unterteilt, während die Sportwagen
und Sportprototypen aller Hubraumklassen gemeinsam in einem Rennen gestartet
wurden.
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Das GT-Rennen über
20 Runden der Klasse bis 1,6 Liter gewann der Schweizer Rico Steinemann
auf Lotus Elan S 2 ganz knapp mit nur einer Radlänge Vorsprung vor
seinem Landsmann und Markenkollegen Walter Flückiger. Der Rheinländer
Klaus Scholz kam mit seinem Lotus Elan trotz einer Kollision (in der 1.
Runde mit Flückiger) noch auf den dritten Platz und erhielt als bester
Deutscher die volle Punktzahl für die Meisterschaft.
Ebenfalls über
20 Runden konkurrierten die GT-Wagen bis und über 2000 ccm. In der
Zwei-Liter-Klasse konnte der Wiesbadener „Hans Kater“ mit seinem von Gerhard
Mitter frisierten Porsche 911 einen sehr deutlichen Vorsprung zu seinem
Markenkollegen Carl-Gregor Auer (Mainz) herausfahren und sicher gewinnen.
Die besten Zeiten im Grand-Tourisme-Gesamtklassement wurden jedoch in
der großen Klasse gefahren, wo ein offener Ford AC Cobra mit dem
Australier Brian Muir und ein Shelby Mustang 350 GT mit dem Sauerländer
Freiherrn von Wendt klar dominierten. Muir und von Wendt nahmen dem Sieger
bei den Zwei-Liter-Wagen eine gesamte Runde ab und ließen darüber
hinaus auch ihren eigenen Klassenkonkurrenten nicht die geringste Chance.
Der Australier gewann schließlich äußerst knapp mit 1,3
Sekunden vor Freiherr von Wendt. Der Dritte, Mathias Wasel aus Bergheim,
hatte mit seinem 275 GTB Ferrari bereits eine Runde Rückstand.
Die Sportwagen und
Prototypen hatten 30 Runden zu absolvieren. Hier stellte sich — wie schon
eingangs erwähnt — ein enorm starkes wie qualitativ gutes Feld dem
Starter. Porsche hatte einen Carrera 6 mit Benzin-Einspritzung geschickt,
den Gerhard Mitter (immer noch mit Gipsfuß!) bei den Prototypen
zum klaren Favoriten machte. Trotzdem galt es, sich hier besonders vor
einem Mann in acht zu nehmen: Brian Muir. Der Australier (er fuhr zusammen
mit Graham Hill mit einem Ford MK lI die 24 Stunden von Le Mans) stellte
sich mit einem Lotus Ford 30 des englischen Willment-Racing-Teams Mitter
bzw. Porsche zum Kampf um den Tagessieg und den Rundenrekord.
Einen weiteren Wagen
von Willment steuerte Hans Herrmann, den Porsche für dieses Rennen
„ausgeliehen“ hatte. Der Porsche-Werksfahrer trat mit einem — leider nicht
besonders gut vorbereiteten Lotus BRM 2 Liter an. Dazu muß man jedoch
noch wissen, daß Hans Herrmann der Schwager des englischen Rennstallbesitzers
Willment ist. Aus der Schweiz kamen Dr. Harry Zweifel auf Lotus Dino Ferrari,
und Heini Walther auf Ferrari 250 LM. Neben dem Carrera-6-Prototyp von
Mitter gab es noch drei weitere „Sechser“; die bei den Sportwagen konkurrierten.
Udo Schütz, Ben Pon und Freiherr van Lennep waren die Fahrer. Schließlich
wären auch noch Toni Fischhaber (Lotus BMW), Rolf Stommelen (Porsche
904 GTS) und Hans-Dieter Dechent (Abarth 2000 GT) zu nennen. Aber alle
drei und zusätzlich auch Hans Herrmann, Rolf Stommelen und Dr. Zweifel
hatten im Rennen Pech. Mit mehr oder weniger kleineren Schäden am
Motor und Getriebe mußten sie vorzeitig aufgeben.
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Vom
Start weg setzte sich Gerhard Mitter an die Spitze des umfangreichen Feldes.
Udo Schütz sicherte sich sofort die zweite Position, gefolgt von
Ben Pon und Freiherr van Lennep. Schon nach der ersten Runde bedrängte
Brian Muir mit seinem Lotus 30 die Carrera 6 von Pon und van Lennep sehr
heftig. Dieses Bild änderte sich im ersten Drittel des Rennens kaum.
Der erste, der den bestehenden Rundenrekord unterbot, war Mitter. Er verbesserte
seinen eigenen Vorjahrsrekord (1:30,8 = 156,2 km/h, gefahren mit Porsche-Achtzylinder-Spider)
auf 1:27,2 = 162,2 km/h. Dieser phantastischen Rundenbestzeit konnte sich
der Böblinger allerdings nicht lange erfreuen.
Wenig später
verbesserte Brian Muir nämlich auf 1:26,2 = 164,5 km/h und trieb
damit den absoluten Norisring-Rekord schon in eine fast utopische Höhe.
Dem Motor des Lotus 30 bekam diese Rekordrunde jedoch nicht sonderlich
gut — offenbar hatte sich Muir ein wenig im Drehzahl-Limit vergriffen!
Mit klappernden Ventilen gab der Australier jedenfalls nach vorangegangenem
kurzem Boxenstopp endgültig auf.
An der Spitze war unterdessen alles unverändert geblieben — Mitter
klar vor Schütz. Dafür gab es auf dem nächsten Platz eine
Verschiebung. Van Lennep hatte seinen Lehrmeister Ben Pon überholt
und zwischenzeitlich mächtig abgehängt. Auch hier wußte
der junge Holländer mit seinem fast tollkühn zu bezeichnenden
Fahrstil wiederum außerordentlich gut zu gefallen. In der Reihenfolge
Mitter — Schütz — van Lennep — Pon endete der 30-Runden-Lauf. Schütz
holte sich durch seinen Sieg bei den Sportwagen (der Werks-Carrera lief
ja als Prototyp) wieder wertvolle 12 Meisterschaftspunkte und bleibt damit
weiterhin zusammen mit „Hans Kater“ und Erich Bitter (Abarth OTS) mit
an der Tabellenspitze.
Die Sportwagenklasse
über 2 Liter wurde von Heini Walther mit einem Ferrari 250 LM nach
dem Ausfall des Lotus 30 ziemlich sicher gewonnen.
Rainer Braun
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