Meisterschafts-Schlußakkord in Nürnberg

Fürwahr: diesmal gab es ein besonders dröhnendes Fortissimo unserer Motormänner bei ihrem Schlußkonzert im Nürnberger Stadiongelände, denn der Veranstalter hatte für diesen letzten, entscheidenden Motorrad-Meisterschaftslauf des Jahres riesige Startfelder zusammenbekommen und der Rundstrecke an der Zeppelinwiese wieder eine neue Führung gegeben. Übrigens liefen schon am Sonnabend nachmittag sofort im Anschluß an das letzte Training vier ausgezeichnet besetzte Ausweisfahrer-Rennen über jeweils 10 Runden, von denen das der Gespanne allerdings eine Pleite wurde, weil von 10 Startern nur drei (!) durchkamen. Auch der vom Start weg führende Forchheimer BMW-Fahrer Weißmeier blieb in der 6. Runde mit Reifenschaden liegen, womit Willand/Bahlke-Babenhausen auf BMW mit 83,3 km/std zum Sieg kamen. Sehr schöne Leistungen zeigten aber die Solisten. Bei den 125ern holte sich wieder Waß-mann-Hannover auf seiner „Kullermann" mit 79,3 km/std einen haushohen Sieg, und zwar vor den untereinander nur 15 Sekunden getrennten Dörr-Frankfurt (Puch), Pfister-Sennfeld (Sachs) und Bürger-Niederwerrn (DKW). In der 24 Mann starken Viertelliterklasse kam der zunächst von dem Augsburger Mayrfels (DKW-K) hart bedrängte Bayreuther Hacker (DKW-K) mit 89,3 km/std zum Sieg vor seinen Markengefährten Glock-Marbach und Stiller-Nürnberg. Nur wenig schneller war mit 90,9 als Sieger der 350er-Klasse, in der 19 Mann vom Start gegangen waren, Roch-Helm-brechts auf Norton, hinter dem sich der Augsburger Heiß auf NSU (mit 89,4 km/std) und der Einheimische Goppert auf Victoria als Nächste placierten. Im Rennen der Halbliter-Ausweisklasse, das 30 (!) Fahrer bestritten, bewies Georg- Meiers „kleiner Bruder" Hans auf der Saugmotor-BMW, daß wir in ihm ein ebenso großes Talent vor uns haben, wie es uns in jüngster Zeit mit Walter Zeller beschert wurde. Nicht einmal der sehr draufgängerische und ebenfalls zukunftsreiche Stuttgarter v. Frankenberg konnte das von Hans Meier diktierte Tempo mithalten, woran allerdings auch ein Maschinenschaden schuld gewesen sein mag, weil der junge Journalist nach der 6. Runde vom zweiten auf den neunten Platz zurückfiel und dann ganz verschwand. Jedenfalls fuhr Meier junior in blendendem Stil mit 103,6 die schnellste Runde und mit genau 100 km/std auch den höchsten Schnitt aller Ausweismänner. Zwei weitere BMW-Maschinen und eine NSU liefen unter Mensenkamp-Springe, Beisl-München und Hafner-Amberg erst anderthalb Minuten später über die Ziellinie. Das Rennen der Halbliter-Ausweisklasse bildete einen würdigen Auftakt zu den sonntäglichen Lizenzfahrer-Meisterschaftsläufen, die mit mindestens 100000 Zuschauern einen glänzenden Besuch aufzuweisen hatten und ohne den geringsten Unfall durchgeführt werden konnten. Einmal mehr bewies in der Liliputklasse Karlchen Döring auf seiner Kompressor-DKW seine große Klasse. Er wußte zwar, daß nur sein Landsmann Thorn ihm den Titel noch streitig machen konnte, sicherte sich aber vor seinen Verfolgern Heinrich-Wiesbaden (DKW) und Dietrich-Frankfurt (Puch) genau soviel Vorsprung, daß sein Sieg nie gefährdet war, und holte sich mit 85,6 km/std den Lorbeer und - wie im Vorjahr die Meisterwürde. Thorn aber kam nicht über die 7. Stelle nach vorn und schied auch aus, als Döring ihn nach der 11. Runde überrundet hatte. Unser Österreicher Gast Vienatzer mußte sich überraschenderweise hinter dem deutschen Puchkameraden Dietrich mit dem zweiten Saugmotorenplatz zufrieden geben.



 

Nach seinem Mißgeschick beim Solitude-Rennen hatte Gablenz mit seinem neuhergerichteten Kompressormotor im Lauf der Viertellitermaschinen wieder einen ganz großen Tag: klar vor Hape Müller und Otto Daiker führend, drehte der Karlsruher mit 100,5 die schnellste Runde und kam schließlich mit 97,1 km/std zu einem klaren Sieg vor dem Bielefelder „Flammenwerfer" und dem Stuttgarter Solitudesieger Kohfink, Wolf Wiesbaden und nur eine Zehntel Sekunde dahinter Friedel Schön als wiederum bester Saugmotormann, lagen im Ziel nur fünf Sekunden auseinander, der „Rest" war von Gablenz bereits überrundet worden. Der Frankfurter Bücker-Fahrer hatte zwar schon nach dem vorletzten Wertungslauf in Hamburg die Meisterschaft sicher, mit diesem letzten Nürnberger Saugmotorsieg aber nun sogar die Höchstpunktzahl für den Titel erkämpft! Ein Erfolg, den außer ihm nur Döring und Georg Meier erreichen konnten, und der darum besondere Würdigung verdient. Aber wäre es nicht doch richtiger, oder sagen wir gerechter, man hätte den Meistertitel entsprechend der Doppelwertung bei allen Rennen auch jeweils dem punktbesten Kompressor- und Saugmotorfahrer zuerkannt? Jedenfalls empfand man es als ungerecht, daß in der 350er-Klasse, für die der Schlußlauf mit Siegfried Wünsche und Roland Schnell zwei absolut punktgleiche Bewerber bescherte, der Titel nur einmal vergeben werden konnte. Sissi Wünsche war sein „glücklicher Gewinner", wie man schon sagen muß, nur weil Roland Schnell in Schotten ausgefallen war und die dort bessere Placierung bei Punktgleichheit nach einem OMK-Beschluß den Ausschlag gab. Es war - was die Masse der Zuschauer wohl gar nicht gewahr wurde - der wohl härteste Kampf des Tages, den die Konkurrenz der 350er-Maschinen brachte: Zunächst einmal faszinierte Wilhelm Herz auf der Kompressor-NSU mit seinem unerhörten Tempo, bei dem er als Spitzenreiter eine schnellste Runde mit 109,1 km/std fuhr, um schließlich bis auf drei Fahrer das ganze Feld zu überrunden und mit einem Gesamtdurchschnitt von 102,6 km/std als Sieger einzukommen.

Dann aber bestaunte man Roland Schnell, der sich mit seiner Saugmotor-Eigenbau-Norton nur „schrittweise" von Herz abhängen ließ, die weiteren DKW-Kompressormänner aber klar distanzierte und schließlich mit 99,4 hinter Herz zu einem neuen 6-Punkte-Sieg kam. Schließlich verfolgte man mit klopfendem Herzen die Bravourfahrt von Sissi Wünsche, alias Sissi Sachse und Stefan Wagner, wie er sich bei seinen ersten Westzonenstarts noch nennen mußte. Denn der Ex-Chemnitzer fiel schon beim Start durch Kerzenwechsel auf den letzten Platz zurück, lag nach der 3. Runde schon wieder an zehnter, nach der fünften an fünfter Stelle und hatte sich schließlich genau bei „Halbzeit" wieder auf den dritten Platz hinter Herz und Schnell vorgearbeitet, wie sehr auch Rudi Knees auf der zweiten Kompressor-DKW sich gemüht hatte, ihm diese Position streitig zu machen. Dieser Platz und damit auch der Meistertitel war von Wünsche selbstverständlich redlich erkämpft, und doch hätte man Roland Schnell gern dieselbe Ehre gegönnt...

Dann aber bestaunte man Roland Schnell, der sich mit seiner Saugmotor-Eigenbau-Norton nur „schrittweise" von Herz abhängen ließ, die weiteren DKW-Kompressormänner aber klar distanzierte und schließlich mit 99,4 hinter Herz zu einem neuen 6-Punkte-Sieg kam. Schließlich verfolgte man mit klopfendem Herzen die Bravourfahrt von Sissi Wünsche, alias Sissi Sachse und Stefan Wagner, wie er sich bei seinen ersten Westzonenstarts noch nennen mußte. Denn der Ex-Chemnitzer fiel schon beim Start durch Kerzenwechsel auf den letzten Platz zurück, lag nach der 3. Runde schon wieder an zehnter, nach der fünften an fünfter Stelle und hatte sich schließlich genau bei „Halbzeit" wieder auf den dritten Platz hinter Herz und Schnell vorgearbeitet, wie sehr auch Rudi Knees auf der zweiten Kompressor-DKW sich gemüht hatte, ihm diese Position streitig zu machen. Dieser Platz und damit auch der Meistertitel war von Wünsche selbstverständlich redlich erkämpft, und doch hätte man Roland Schnell gern dieselbe Ehre gegönnt...

 

 

Daß Georg Meier und auch seine Kompressor-BMW noch immer unschlagbar sind, zumal, wenn es viel „um die Ecken herum" geht, wurde im Rennen der Halbliterklasse erneut offenbar. Diesmal fiel Heiner Fleischmanns Werk-NSU, mit der er sich hinter den Gußeisernen gehängt hatte, schon nach der zweiten Runde mit einem Getriebeschaden aus, so daß unser „As Nr. 1" es sich hätte leisten können, einmal Wiggerl Kraus, Walter Zeller und ein paar andere schnelle Saugmotormänner, wie Hoske und Eberlein an sich herankommen zu lassen. Denn ein fünfter Platz hätte für Schorch noch genügt, sich die Meisterwürde zu sichern, weil allein Walter Zeller mit einem neuen Saugmotorsieg beim Ausfall des Münchners noch die Chance hatte, punktgleich zu werden. (Und wer wäre dann Meister geworden, möchten wir die OMK höflichst fragen, da bei „Rund um Schotten" Meier und Zeller zu Siegen kamen!??) Nun, Georg Meier kümmerte sich „aan Dreek" um die Meisterschaftstheorie, drehte auf, was aus dem Rohr ging, fuhr programmgemäß mit 114,6 Rundenrekord, mit 111,3 Gesamtschnitt auch wieder Tagesbestzeit und war damit abermals Deutscher Meister der schnellsten Soloklasse. Wiggerl, der ewig Zweite, passierte erst 1:40 Min. später die Ziellinie, und mit Rundenrückstand folgten dann als Saugmotorsieger Zeller, Hoske, Eberlein und der dieses Jahr von besonderem Pech verfolgt gewesene Karl Rührschneck, während Schmitz eine weitere Runde zurück einkam, da sein Motor ihn gegen Ende im Stich gelassen hatte. Rührschneck hatte unmittelbar zuvor im Beiwagen von Sepp Müller-München diesem zum drittenmal seit 1947 zum Meistertitel in der 1200er-Gespannklasse mit verholfen, in der nur noch Roth-Niedernhausen den Münchner hätte gefährden können. Aber nicht er, sondern Klankermeier gab in diesem Rennen zunächst den Ton an, das heißt, er jagte vor Sepp Müller, Forster und Schäfer, den drei Münchner BMW-Kindln, mit wachsendem Vorsprung her, bis ein Schaden ihn nach der 6. Runde auf den 5. Platz zurückwarf. Der damit in Front gelangte Sepp Müller war nun nicht mehr zu holen — obwohl „Klankermax" mit 101,3 km/std und weiteren schnellen Runden bis auf 16 Sekunden wieder aufrückte und doch noch Zweiter wurde.

Mit seinem Schmiermaxen Wolz konnte sich Klankermeier auch in der 600er-Seitenwagenklasse auf der Kompressor-BMW den zweiten Platz sichern, womit er auch zur Meisterwürde kam, weil die mit nur zwei Punkten Rückstand ins Rennen gegangenen Lübecker Lipp/Stragies vom zunächst besten Saugmotorplatz schließlich hinter Schmid/Mittelmayer, Seppenhauser/Wenshofer und Ebersberger-Strauß auf die 4. Stelle zurückgefallen waren. Der „tonangebende" Mann dieses Rennens aber war Hermann Böhm, der mit „Quex" die Kompressor-NSU in geradezu unwahrscheinlichem Tempo über den Kurs jagte. Als er nach der 10. Runde „planmäßig" in 23 Sekunden an der Box Brennstoff nachfaßte, konnte er dank seines Vorsprungs das Rennen wieder aufnehmen, ohne dass Klankermeier ihn passiert hatte. Mit 101,5 fuhr der Nürnberger dann die Rekordrunde aller Gespanne und mit 99,6 auch Beiwagen-Bestzeit des Tages. In der zwischen diesen Motorradmeisterschaftsläufen „eingestreuten" Renn- und Sportwagen-Konkurrenz vermißte man zwar die als „Zugnummern" groß angekündigten Kanonen Hermann Lang, Hans Stuck und Karl Kling am Start, zudem gingen von 14 Gemeldeten, nur sieben auf die 10-Runden-Reise. Aber diese Fahrer lieferten sich einen unerwartet schönen und abwechslungsreichen Kampf um die Plätze, und zwar hinter Alex von Falkenhausen, der seinen AFM mit 103,3 km/std unangefochten zum Sieg steuerte, weil sein zunächst schärfster Gegner, der Nürnberger Rieß, nach der 6. Runde durch Reparatur an seinem HH 48 auf den letzten Platz zurückfiel, so daß auch eine mit 107,9 km/std gefahrene schnellste Runde ihm keine Positionsverbesserung mehr brachte. Fahrerisch die schönste Leistung nach dem Sieger bot „Altmeister“ Briem-Ludwigsburg, der einstige Amil-Car-Fahrer, der seit 14 Jahren zum erstenmal wieder ein Rennen bestritt und den ihm von Rieß überlassenen HH 47-Sportwagen schließlich vor Jäger-Bochum (Veritas), Polenskys Mono-Pol und Assenheimers Eigenbau-BMW auf den 2. Platz brachte.
Noch am gleichen Abend nahmen im Anschluß an die Siegerehrung OMK-Sportpräsident Ewald Kroth und Vizepräsident Kurt Wedekind die Verleihung der „Goldenen Meisternadeln" an die neuen Titelträger vor, die außerdem zwei prächtige Silberpokale als besondere Stiftungen der Firmen Bosch und Metzeler erhielten. Einige Journalisten machten übrigens bei der Preisverteilung in Nürnberg verdutzte Gesichter, als der Rennleiter Georg Meier eine Schreibmaschine und Ernst Hoske eine Kleinbildkamera als Foto-Reporterausrüstung überreichte. Sie fürchten wohl, daß die beiden BMW-Männer nächstes Jahr als Wort- und Bildberichterstatter tätig sind und sie sich an ihrer Stelle in den Sattel schwingen müssen.
Solch ein „Rennen" - vielleicht auf NSU-Foxerln - mit den Fachjounalisten, Zeitnehmern und vielleicht auch einigen Rennleitern und Funktionären als „Konkurrenten", möchten die wirklichen Rennfahrer zu gerne einmal sehen. Also wollen wir hoffen, daß es 1950 zustande kommt!

Alebü
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