Norisring:
Die Bühne ehemaliger politischer Großtaten in Nürnberg
ist das, was die Fahrer schreien und die Techniker weinen läßt:
eine Vollgasstrecke mit zwei Haarnadelkurven. Da färbt jedes Pfund
mehr die Bremsscheiben einen Deut röter. Aber die Zuschauer mögen
die Nürnberger Rennstrecke, es gibt Punkte
auf der monumentalen Steintribüne, von denen man die ganze Strecke
übersehen kann. Die Temperaturen waren afrikanisch, über 30
Grad Celsius im Schatten. Überall sah man nach den Trainingsläufen
Mechaniker mit Luftschläuchen hantieren und Löcher in die Spoiler
schneiden. Die Bremsen mußten beatmet werden, die Reifentemperaturen
stiegen ins Unermeßliche. In Anbetracht dieser prekären Situation
erscheint es angebracht, als erstes die Ausfälle zu beleuchten. Zum
Beispiel Hans Stuck. Erneut von BMW-Sportchef Neerpasch an Tuner Basche
als Leibwache gegen die Escort-Truppe ausgeliehen, legte wie ein Wilder
aus der 6. Startposition los (wie Stuck da hinkam, weiß nur die
Zeitnehmer-Crew). Zwei Runden währte die Stucksche Show, dann meldete
sich die Kardanwelle ab.
Escort-Fahrer Kautz bedeutete seiner Box mit verzweifelten Handzeichen,
daß seine 241 PS das Öl verweigerten. Wolfgang May schließlich
verheizte das Fünfganggetriebe seines Schnitzer-BMW. Bis zum Ausfallzeitpunkt
allerdings hatte der Reichenhaller Lebensmittelgroßhändler
sich mit BMW-Konkurrent Basche einen phantastischen Zweikampf geliefert,
der allein die Zuschauer fürs Kommen entschädigte.
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Aber
als May ausfiel, gab es für Basche schon nichts mehr zu holen, der
dritte Platz hinter einem eiskalten Dieter Glemser (Zakspeed-Escort) und
einem hart kämpfenden Helmut Kelleners (Koepchen-BMW 2002) war der
Sarg aller Basche-Hoffnungen auf den Meistertitel.
Das letzte Rennen am Berg von
Karl von Wendt im Sauerland (6./7. Oktober) ist dem kleinen Mann aus Freiburg
ohnehin zuwider. So entzog sich der letzte Fast-Privatmann dem Kreis der
ernsthaften Meisterschafts-Aspiranten. Konstruktiv dürfte das Basche-Auto
das interessanteste sein.
Hier wie beim Koepchen-Wagen kommt das BMW-F.2-Triebwerk
zum Einsatz. Dieses erfordert durch die umgekehrte Anordnung von Auspuff
und Einlaß erhebliche technische Umbauten. Am GS-BMW ist zusätzlich
noch die überdimensionale Bremsanlage interessant, die allerdings
auch 14-Zoll-Felgen verlangt (normal 13 Zoll Durchmesser) und so die Dunlop-Reifenexperten
vor Probleme stellt. Beide, der Koepchen - als auch der GS-BMW sind mit
rund 270 PS das stärkste, was je in der 2-Liter-Tourenwagenklasse
fuhr.
Auch die große Division wurde am Norisring durch Ausfälle erst
dramatisch. Doch zuvor registrierte der interessierte, aber sehr erstaunte
Zuschauer, daß hier der Carrera von Reinhard Stenzel das dominierende
Fahrzeug war. Gut 315 PS gibt der Münchner an Pferdestärken
an. Der Abstand zum Dreierpulk Heyer, Capri, Menzel, BMW 3.0 CSL und Schickentanz,
Carrera, betrug gut und gerne sieben Sekunden, bevor Stenzel an seiner
Kupplungsscheibe scheiterte.
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Menzel
bremste einen Reifen platt, verlor eine Runde und kapitulierte schließlich
mit defektem Zündgeber. Heyer siegte eigentlich sicher, obgleich
Schickentanz bis ins Ziel im Windschatten blieb. In der Ford-Box war die
Freude riesig, der fast schon entfleuchte Meistertitel rückte für
die Kölner in greifbare Nähe.
Grund zur Freude hatte auch Klaus Fritzinger, dessen Sitz diesmal nicht
abriß (Nürburgring) und der auch genügend Sprit an Bord
hatte (Hockenheim). Der Lohn: ein dritter Platz. Was allerdings die aerodynamische
Schneeschaufel am Heck seines Capris soll, mag nur er allein wissen. Fritzinger:
„Es bringt nicht viel, aber es beruhigt.“
So beobachtete das staunende Volk ein totales Ford-Festival
in den Meisterschaftsläufen. Die Möglichkeit für die Kranefuß-Mannen,
nach dem deutlichen Einbruch in der Europameisterschaft wenigstens auf
heimischem Boden den BMW-Leuten den Lorbeer wegzuschnappen, ist gegeben.
Von Glemser-Unterstützung durch Ankauf ausländischer
Escort-Piloten war dann auch im Hinblick auf das Finale im Sauerland wenig
zu hören. Beim abendlichen Kartenspiel im Ford-Lager hieß die
Parole:
Heyer ist Trumpf, aber Glemser ist vielleicht der Joker.
C. B. Whittacker
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