Der gute alte Automobilsport klassischer Prägung feierte Urständ - es war, als hätte man das Rad der Zeit um zwanzig Jahre zurückgedreht: in jene große Epoche der vielen Rennen in den Provinzstädten, an denen sich die damalige Spitzenklasse traf. In San Remo, in Lausanne, in Caen, in Biella, in Said, in Turin und in Dutzenden von anderen großen und kleinen Städten Europas. Um Hauseckenkurse und auf Parkrundstrecken jagten damals die Spitzenfahrer mit Formel 2 und Sportwagen.
Es ging nicht um Meisterschaften, damals, nicht um WM-Punkte und Anerkennung auf der ganzen Welt. Aber es war großartiger Motorsport, und die Stimmung, die an diesen Rennen herrschte, war immer glänzend und von einem Hauch alter Rennfahrerromantik getragen.

Nürnberg brachte das alles wieder. Vielbestaunte exotische Autos, aus aller Welt heranrollende Teams, ein buntgemischtes Völkchen, das sich in Nürnberg traf, um ein schönes Wochenende zu verleben, hart zu kämpfen und sich Anrecht auf Geld und Lorbeer streitig zu machen. Und vor allem aber: Nürnberg brachte wieder das Publikum jener guten alten Zeit - jene begeisterten Zuschauer, die mit dem Applaus nicht kargen, die nicht einfach dasitzen, sondern das Rennen richtig miterleben.
War es ein Zufall, daß der große Sieger der 200 Meilen von Nürnberg David Piper hieß? Dieser alte Haudegen, Privatfahrer fast aus Überzeugung, der wie ein Nomade von Rennstrecke zu Rennstrecke zieht, dessen Herz für Ferrari-Zwölfzylinder schlägt und dem wir die letzten echten Ferrari-Prototypen verdanken, verkörperte wie kein Zweiter die Nürnberger Atmosphäre, die - wie Figura zeigt - auch im
 
Zeitalter der Werkställe, WM-Punkte und Superstars ihre gut 60 000 begeisterten Anhänger fand.

Nürnberg hatte alles, was ein gutes
Autorennen braucht - exotische Prototypen und zweisitzige Renn­wagen, Fahrer aus aller Herren Länder, einen malerischen Schau­platz und das richtige Publikum. Schade, daß nicht mehr Veranstalter das klassische Rezept der späten vierziger und frühen fünfziger Jahre wieder aufnehmen!
Natürlich hat die Sache ihre Kehr
seite. Joakim Bonnier, erstmals am Norisring, war über die Gefahren entsetzt, die diese nichtpermanente Strecke birgt. Er hatte mit seinen Bedenken nicht unrecht. Ich hoffe aber, daß der große Erfolg der «200 Meilen» den Veranstaltern den Ansporn gibt, die Sache an die Hand zu nehmen und die gefährlichen Abschnitte zu entschärfen. Sicherlich finden sie bei den zuständigen Behörden auch dieAufgeschlossenheit, ohne die sich die nötigen Verbesserungen kaum durchführen lassen. Denn die «200 Meilen» dürfen nicht aus dem Terminkalender verschwinden!

Rico Steinemann
zurück - back!