Großartiges
Norisring-Rennen
Mit einem klaren Gesamtsieg des Australiers Frank Gardner auf Lola-Chevrolet
endete das in diesem Jahr erstmals als „200-Meilen-Rennen“ für
Sportwagen, Prototypen und zweisitzige Rennwagen ausgeschriebene ADAC-Norisring-Rennen
in Nürnberg, Gardner gewann beide Läufe zu je 100 Meilen und
stellte darüber hinaus mit einer schnellsten Runde von 1'23"0
= 170,8 km/h einen neuen, absoluten Rundenrekord auf dem 3,9 Kilometer
langen Stadt-Rundkurs auf. Die diesjährige Besetzung war die glanzvollste,
die der Norisring in seiner Renngeschichte jemals sah. Gernot Leistner,
Sportleiter des Nürnberger ADAC-Ortsclubs und gleichzeitig auch
langjähriger Rennleiter am Norisring, hatte ein Startfeld verpflichtet,
das sich - zumindest hinsichtlich der Wagen über 2 Liter — schon
fast mit dem des letzten 1000-km-Rennens auf dem Nürburgring messen
konnte. Da waren einmal die beiden fast 500 PS starken Lola T 70 Mark
III mit 5,9-Liter-Chevrolet-Motor, die von Frank Gardner und Jacky Epstein
gefahren wurden. Je einen Ford GT 40 mit 4,7-Liter-Triebwerk brachten
Paul Hawkins und Colin Crabbe an den Start. Zwei 3,3-Liter-Ferrari mit
David Prophet und dem Schweizer Ettmüller rundeten das Feld der
Großen ab. Bei den 2-Liter-Wagen stellten die Porsche-Privatfahrer
die meisten Fahrzeuge. Hier waren vor allem die Schweizer außer-odentlich
stark vertreten: Rico Steinemann, Andre Wicky, Heini Walter, Hans Tschiemer
und Gustav Schlup. Bis auf Walter, der sich nunmehr einen Carrera 10
zugelegt hat, steuerten alle genannten Schweizer die älteren Sechszylinder.
Einen zweiten Carrera 10 brachte der junge und recht talentierte Spanier
Alex Soler-Roig mit nach Nürnberg. Natürlich fehlten auch
die deutschen Carrera-6-Spitzen-piloten Udo Schütz und Gerd Koch
nicht. Die einzige wirklich ernsthafte Gefahr für die Porsche-Streitmacht
stellte in der 2-Liter-Wertung der mit einem 8-Zylinder-BRM-Formel-1-Triebwerk
versehene Chevron des Engländers Brian Redman dar, der bereits
im Training — das Gardner vor Hawkins als Schnellster abschloß
- bis auf Heini Walter alle übrigen Porsche-Fahrer hinter sich
lassen konnte.
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Das
Rennen wurde in zwei Läufen á 100 Meilen oder 41 Runden abgewickelt,
Zeiten und Runden beider Läufe addiert und so das Gesamtklassement
ermittelt. In einer kurzen Pause gab es Gelegenheit, ausgefallene oder
angeschlagene Fahrzeuge zu reparieren - soweit dies noch möglich
war.
Zum ersten Rennen traten 21 Wagen an, in der vorderen Reihe der Lola-Chevrolet
von Gardner, der Ford GT 40 von Hawkins und der Carrera 10 von Walter.
Gardner und Hawkins gingen sofort in Führung und lieferten sich über
die gesamte Distanz erbitterte Duelle. Bald war der Vorjahres-Rundenrekord
von Brian Muir (Lotus 30, 1'26"2) eingestellt und Gardner markierte
mit 1'23"0 = 170,8 km/h einen phantastischen Rundenrekord, an den
Hawkins bis auf eine Sekunde herankam. Auch in der 2-Liter-Klasse ging
es heiß her; der enorm schnelle Chevron-BRM unter Redman hatte sämtliche
Porsche niedergekämpft und mit 1'27"1 = 162,8 km/h die absolut
schnellste 2-Liter-Runde gefahren. An dritter Stelle im Gesamtklassement
liegend, schied Redman jedoch schon bald nach seiner Rekordrunde mit Motorschaden
aus, und die Carrera 10 mit Walter und Soler-Roig kamen nach vorn. Udo
Schütz und Rico Steinemann mußten ihre Carrera 6 mit Defekten
zur Seite stellen, während es am Ford GT 40 von Crabbe einen Getriebeschaden
gab. Dann mußte auch Heini Walter seinen Carrera 10 an die Boxen
bringen, um einen Reifenschaden beheben zu lassen, was ihn um mehrere
Runden zurückwarf und die Führung in der 2-Liter-Klasse kostete.
Soler-Roig, Koch, Wicky und Neuhaus rückten dadurch nach. Der zweite
Lola-Chevrolet mit Epstein hatte laufend Zündungsschwierigkeiten
und kam, teilweise nur auf sechs Zylindern laufend, nicht über das
Mittelfeld hinaus. Die Zieldurchfahrt nach 41 Runden lautete schließlich:
Gardner - Hawkins - Soler-Roig - Koch - Wicky.
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Der
zweite 100-Meilen-Lauf, mit einem Indianapolis-Start eingeleitet und über
nochmals 41 Runden führend, brachte dann den Ausfall des Ford GT
40 von Paul Hawkins, der damit seinen sicheren zweiten Gesamtrang verlor.
Ein Getriebeschaden – wie schon am Ford von Crabbe - hatte der großartigen
Fahrt des Targa-Florio-Siegers ein unverdientes Ende gesetzt. Verbissen
kämpfte Gerd Koch unterdessen mit seinem Carrera 6 gegen die «Zehner»
von Walter und Soler-Roig, die sich erst zögernd, später jedoch
deutlich von dem phantastisch kämpfenden Rheinländer absetzen
konnten. Inzwischen waren auch die
beiden 3,3-Liter-Ferrari mit Ettmüller und Prophet ausgeschieden,
während sich der zweite Lola-Chevrolet unter Epstein von den Mucken
des ersten Laufs erholt hatte und nun mächtig Boden gutmachte. Gardner
kam erneut zum Sieg, auf den Plätzen Porsche. Die Addition ergab
für den Australier zwei Runden Vorsprung, es folgten Soler-Roig mit
80, Koch mit 79. Epstein mit 78, Walter mit 78 und Wicky mit 77 Runden,
womit immerhin noch zwei Schweizer unter die ersten sechs des Gesamtklassements
gekommen waren. 11 Wagen erreichten das Ziel in Wertung, 50 000 Zuschauer
waren trotz drückender Hitze anwesend.
Rainer Braun
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