Rundstreckenrennen
Nürnberg
Nachdem fast alle deutschen Meisterschaften bereits inoffiziell entschieden
sind, ist nun auch die Tourenwagen-Rundstreckenmeisterschaft in ihr
entscheidendes Stadium getreten. Der vorletzte Wertungslauf zu diesem
Championat fand am 18. September auf dem verkürzten, statt 3,9
km nur noch 1,7 km langen Noris-Ring-Kurs in Nürnberg statt. Im
Rahmen-Programm starteten bei diesem Rennen neben sämtlichen Tourenwagenklassen
Sportwagen bis 1300 ccm und Formel-V-Rennwagen.
Bis auf den 30-Runden-Lauf der Formel V litten sämtliche Konkurrenzen
unter nicht zu übersehender Eintönigkeit. Die Rollen in den
einzelnen Klassen waren praktisch schon vor dem Start verteilt und es
fehlte einfach an gleichwertigem Fahrer- und Wagenmaterial. So gab es
mit Ausnahme der Tourenwagenklasse über 2500 ccm jeweils Start-Ziel-Siege
ohne nennenswertes Kampfgeschehen.
Den Auftakt zum
Tag der Programm-Siege machte im Rennen der 700-ccm-Klasse Manfred Berthold
aus Braunschweig, der mit seinem BMW während der gesamten 30 Runden
vor dem Steyr-Ruch des Regensburgers Eichhammer führte. In der
1-Liter-Klasse war es Wolf-Dieter Mantzel, der seinen Abarth 1000 TC
ungefährdet vor seinem Markenkollegen Erich Bitter ins Ziel brachte.
Das Rennen der 1300-ccm-Wagen wurde ausschließlich von Glas-Privatfahrern
beherrscht und von dem Steinhagener Karl-Heinz Becker auf 1304 TS mit
Rundenvorsprung gewonnen. In der nächsthöheren Hubraumklasse
gab sich der Sieger schon nicht mehr mit einem Rundenvorsprung zufrieden;
Herbert Schultze ließ mit seinem Alfa-Romeo GTA seine Klassenkonkurrenten
gleich zweimal komplett hinter sich!
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Wahrscheinlich hätte der Berliner sogar noch eine dritte Überrundung
geschafft, wäre da nicht die Geschichte mit dem leidigen Gutpunkten
für die Meisterschaft gewesen. Denn wer allzu schnell fährt (siehe
auch TW-Bergmeisterschaft Gerhard Schüler) kann unter Umständen
gar keine Gutpunkte bekommen. Um dieses Risiko auszuschalten, mußte
Schultze wohl oder übel -und das erst nach mehrfachen Boxen-Ermahnungen
- das Tempo etwas drosseln. Trotzdem fuhr er mit 106,8 km/h die absolut
schnellste Tourenwagen-Runde des Tages und erreichte mit 103,7 km/h auch
den besten Gesamtschnitt. Schultze hat nun insgesamt 7 Siege, während
sein Meisterschafts-Rivale Josef Schnitzer — er gewann mit seinem BMW 2000
Tl mit einer Minute Vorsprung vor Dieter Basche (BMW 1800 Tl) die 2-Liter-Klasse
- erst 5 Siege aufzuweisen hat. Wenn Schnitzer nun beim letzten Wertungslauf,
dem Eifel-Pokal-Rennen auf der Nürburgring-Südschleife, seinem
Konto durch einen weiteren Sieg nochmals 12 Punkte hinzufügen kann,
so dürfte der Rundstrecken-Titel zwischen ihm und Schultze nach „Gutpunkten“
entschieden werden. Schnitzer und Schultze haben also definitiv die besten
Aussichten, zu Meisterehren zu kommen.
Getrennt gewertet aber zusammen gestartet wurden die Tourenwagenklassen
bis und über 2500 ccm. Die 2,5-Liter-Klasse entschied der Hamburger
Behrmann auf Mercedes 220 SE sehr deutlich für sich. Den einzigen
Führungswechsel innerhalb aller TW-Klassen gab es im Rennen über
2,5 Liter. Hermann Dorner lag mit seinem Ford-Mustang zunächst vor
dem Mercedes 300 SE von Kling (Schömberg) und Cantz (Ludwigsburg)
in Führung, fiel dann aber durch einen Rutscher auf den dritten Platz
zurück. Bald jedoch war das Anfangsbild wieder hergestellt und Dorner
siegte nach einer schönen Aufholjagd vor der Mercedes-Verfolgergruppe.
Die erwartungsgemäß absolut schnellste Zeit aller Starter erreichte
Hans-Dieter Dechent auf Abarth OTC im Rahmenrennen der Sportwagen bis
1300 ccm. Dechent führte vom Start bis ins Ziel und ließ seinem
Markenkollegen Krause (Frankfurt) nicht die geringste Chance. Für
Dechents schnellste Runde wurde ein Durchschnitt von 109,2 km/h errechnet.
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Die einzige wirklich echte Belebung des gesamten Rennens brachte die Formel
V. Von den 18 Startern hatte sich eine Vierer-Gruppe klar abgesetzt und
diktierte das Tempo. Walter Wünstel aus Kaufbeuren, der als ONS-Pokal-Gewinner
in der Formel V bereits feststeht, gewann den 30-Runden-Lauf schließlich
nach wiederholt harten Auseinandersetzungen mit dem Münchner Josef
Wallner, der in der Schlußphase des Rennens von der Bahn geriet
und auf den vierten Platz zurückfiel. Um den zweiten bzw. dritten
Platz kämpften ein Fuchs mit Jürgen Zink und ein Austro-V mit
dem Chronisten am Steuer lange Zeit erbittert, bis sich Zink drehte und
somit die von der MAHAG/München gemeldete Austro-V zu einem Doppelerfolg
kamen. Walter Wünstel erzielte in seiner besten Runde den erstaunlichen
Schnitt von 104,6 km/h, der bei den Tourenwagen nur von Schultze (Alfa
GTA) und Schnitzer (BMW 2000 Tl) überboten wurde. Noch erstaunlicher
ist die Tatsache, daß die schnellsten Formel-V-Rennwagen - würde
man ein Gesamtklassement erstellen - mit ihren Gesamtfahrzeiten und Durchschnitts-Geschwindigkeiten
die Plätze vier, fünf, sieben und zehn einnehmen. Das ist ein
Ergebnis, das nun wahrscheinlich auch die letzten Kritiker dieser Formel
verstummen lassen wird.
Rainer Braun
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