Über
die Formel V und ihre tollkühnen Piloten
Norisring, Juni 1965. Die Formel V erlebt ihre offizielle Rennpremiere.
Porsches Sportchef Huschke von Hanstein hat unter tatkräftiger
Mithilfe einiger sportbegeisterter VW-Importeure die Einführung
der neuen Nachwuchs-Rennwagenklasse organisiert. Zehn der 34-PS-Renner
werden aus den USA nach Deutschland geschafft. Die Dinger sehen aus
wie zu klein geratene Badewannen mit Rädern. Schon Wochen vor Nürnberg
wird der eigenwillige Monoposto, dessen 1,2-Liter-Motor, Fahrwerk und
Getriebe aus dem VW-Käfer stammen, bei den Bergrennen in Eberbach
und am Rossfeld dem Publikum und der Presse präsentiert. Gerhard
Mitter und ein paar andere Porsche-Werksfahrer eiern den Berg hoch.
„Tolle, ausbaufähige Idee", diktieren die PS-Stars in die
Notizblöcke der Presseleute. Später, im privaten Freundeskreis,
hört sich das Urteil allerdings ganz anders an: „Grauenvoll",
befindet beispielsweise Mitter, „die Kiste hüpft, springt, rutscht,
hat eine Straßenlage wie eine Kuh."
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Im Fahrerlager
von Nürnberg kommt Huschke freudestrahlend auf mich zu. „Rainer, ich
habe eine Überraschung, jetzt müssen Sie zeigen, ob es für
Ihre frechen Kommentare und Texte einen soliden Hintergrund gibt."
Mit diesen Worten weist er mir eines der zehn Formel V-Cockpits zu, in das
ich mich mit Sakko, Hemd und Schlips reinplumpsen lasse. Den Helm leiht
mir Jochen Neerpasch, Overall ist noch kein zwingendes Thema. Der Renneinsatz
kollidiert aber mit meinem Job als Streckensprecher. Doch Norisring-Chef
Gernot Leistner spielt mit und benennt für Training und Rennen der
Formel V kurzerhand einen Vertreter fürs Mikro. So komme ich als 25-jähriger
tatsächlich zu meinem ersten richtigen Autorennen. |
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Das
10-Runden-Rennen vor 50.000 Zuschauern ist chaotisch, fast jeder steht
mal quer oder dreht sich. An jedem Bremspunkt rutscht mir der viel zu
große Neerpasch-Helm ins Gesicht, beim Beschleunigen reißt
ihn der Fahrtwind fast vom Kopf. Links und rechts am Cockpit flattert
das Sakko, die Krawatte hat sich längst um den Hals gewickelt. Als
die Zielflagge fällt, bin ich Fünfter, Rückstand auf die
Spitze stattliche 70 Sekunden. Sieger wird übrigens Günther
Schmitt aus Würzburg, dessen Sohn Rüdiger 20 Jahre später
im Ford Sierra Turbo eine ordentliche Tourenwagen-Karriere hinlegt.
Rainer Braun
aus "Hallo Fahrerlager"
(weitere Informationen siehe in der Rubrik "LINKS"!)
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