Norisring

Das «Dritte Reich» bescherte der Stadt Nürnberg einige Kolossalbauten, die — heute zwar leicht verstaubt - einen vagen Eindruck von der Prunksucht der damaligen Zeit vermitteln. Eine der wenigen noch brauchbaren Requisiten ist eine enorme Steintribüne, von der aus die braune Prominenz weniger friedlichen Demonstrationen als einer für den Motorsport beiwohnte. Jetzt sind diese Darbietungen erfreulicher und — was am meisten überraschte - in erster Linie für den Tourenwagensport.

Man hatte nur die größeren Klassen ausgeschrieben. (TW ab 1600 ccm, GT ab 1300 ccm) und die vier TW-Klassen in zwei Rennen zusammengepackt, aber einzeln gewertet. Das war gut so, denn obwohl es einigen Fahrern nicht behagte, die Zuschauer bekamen höchst spannende Rennen zu sehen.

Bei den Tourenwagen bis 2000 ccm schoß gleich am Start der Engländer Vic Elford mit einem sagenhaft schnellen Cortina in Front, dicht gefolgt von Josef Schnitzer (BMW). Es folgte eine Dreiergruppe mit Reuter (Cortina), Koepchen (BMW) und Schultze (Alfa). Auch im Mittelfeld wurde um jeden Zentimeter gekämpft. Vorne versuchte Schnitzer den schnellen Engländer zu halten, gab dieses Unterfangen jedoch fünf Runden vor Schluß auf und beschränkte sich auf «seinen» Klassensieg. Dritter wurde nach hartem Gefecht Schultze vor Reuter und Koepchen, der knapp vor Dieter Fröhlich (Alfa) das Ziel passierte.

Bei den Großen war gegen den Mercedes von Manfred Schiek kein Kraut gewachsen. Daß die Angelegenheit trotzdem nicht langweilig wurde, dafür sorgte Schiek durch seinen rasanten und höchst spektakulären Fahrstil, der ihn zum Liebling der Zuschauer machte. Er überrundete das gesamte Feld einschließlich des zweiten und Siegers der Klasse bis 2,5 l, Günter Schiemer (Fiat 2300 S).

Das 1300er GT-Rennen enttäuschte da
gegen. Nach dem Ausfall von Kurt Geiß kämpften Friedhelm Kleine (Abarth) und Hans Dieter Dechent eine Weile um die Führung, bis sich Dechent absetzen und das Rennen gewinnen konnte.

Die 1600er sahen einen unangefochtenen Sieger: Jochen Neerpasch zog auf dem Lotus Elan dem übrigen Feld davon und der zweite, Sepp Greger (Porsche Carrera), hatte keine Chancen.

Ein kleines, aber exquisites Feld stellte sich in der 2,5-l-Klasse dem Starter. Hans Herrmann brachte einen Abarth-Werkswagen nach Nürnberg, worauf auch Porsche mit dem Le-Mans-GTS, der auch noch die rot-gelb-rote «Nachtlackierung» aufwies, erschien. Zwei weitere 904 unter Udo Schütz und Rolf Stommelen und ein weiterer Abarth-Zweiliter mit Wolfgang Harder nahmen das Rennen auf. Schütz erwischte den besten Start, und der Streckensprecher vermutete, daß der Werkswagen «nur» Hans Herrmann in Schach halten sollte, um dem in der deutschen Rundstreckenmeisterschaft führenden Schütz den Rücken freizuhalten. Daraus wurde allerdings nichts, denn Herrmann kam stark auf. Bobby Klass übernahm dann mit dem Werks-Porsche die Führung und auch Hans Herrmann ging an Schütz vorbei, an dessen Wagen die Bremsen stark nachließen.


 

Endlich sah man auch in Deutschland wieder ein gut besetztes Sportwagenfeld, das allerdings bis 2000 ccm beschränkt war. Gerhard Mitter brachte den offenen Porsche-8-Zylinder, Hans Herrmann den neuen Abarth Werks-Spyder. Schon im Training sehr schnell, der Engländer Chris Williams (Elva BMW), ebenso Sepp Greger (gleiche Marke). Toni Fischhaber hatte an seinem Lotus-BMW die Auspuffanlage geändert, die Rohre zeigen jetzt wie beim 62er BRM senkrecht gen Himmel. Gegen den Porsche war natürlich nichts auszurichten, aber um die Plätze wurde erbittert gekämpft. Zunächst lag Sepp Greger auf dem zweiten Platz, gefolgt von Williams und Fischhaber, die nicht nur auf der Geraden nebeneinander fuhren, und Hans Herrmann. In der dritten Runde wurde Fischhaber vom Engländer gerammt, der seinen Wagen mit zertrümmerter Schnauze wegstellen mußte, während der Deutsche mit einer Runde Rückstand weiterfahren konnte. An Gregers Wagen war inzwischen der Keilriemen davongeflogen, so daß Herrmann vorübergehend den zweiten Platz innehatte. Allerdings verlor er bald Kühlwasser und schied ebenfalls aus. Nun belegten die beiden Schweizer Wyßbrod und Charpilloz den zweiten und dritten Rang, während Fischhaber sich wenigstens noch den vierten Platz sichern konnte. Gerhard Mitter gewann überlegen mit 156,21 km/h Durchschnitt.

Erstmals konnte man die Formel V-Wagen auf einer Rundstrecke bewundern. Sehr zum Gaudium der Zuschauer wurden teils wilde Tete-á-Queues, teils wirklich schöne Positionskämpfe vorgeführt.

Geknausert wurde mit dem Startgeld in Nürnberg wahrlich nicht, und als sich der Besuch mit über 50000 Zuschauern als ausreichend erwies, wurde ein höheres Preisgeld bezahlt als vorgesehen. Der Autosport-Club Nürnberg hat damit ein Vorbild geschaffen, das hoffentlich Nachahmung finden wird. Der Herr Illg war ja auch anwesend.

zurück - back!