Meisterschafts-Endlauf in Nürnberg

Man muß es dem Nürnberger Motorsport-Club schon lassen: er versteht es, Feste zu feiern! Und ein Fest war dieser Endlauf der Deutschen Straßenmeisterschaft. Noch selten sah man auf einer deutschen Rennstrecke solch große Felder am Start, die immerhin eine finanzielle Belastung bedeuten. Aber sportfreudig, wie die Nürnberger nun einmal sind, die ja in ihren Mauern den größten Teil der deutschen Motorradindustrie beherbergen, nahmen sie die Meldungen aller Fahrer an und so sah man - um nur ein einziges Beispiel zu nennen - selbst in den Beiwagenklassen Felder von zwanzig Maschinen am Start.

Eine glänzend eingespielte Organisation, unfallfreier Verlauf und bisher nicht erlebter Massenbesuch von annähernd 100000 Zuschauern stempelten dies Finale der Deutschen Meisterschaft zu einem wirklich großen Erlebnis. Man hat im Nürnberger Stadiongelände schon viel herum experimentiert und fuhr bisher auf zwei verschiedenen Kursen. Nun kombinierte man diese zwei zu einem 4 km langen, mit acht rechtwinkligen und Spitzkurven gespickten Kurs und siehe da: es kam eine Strecke heraus, die sehr viel höhere Ansprüche an das Können der Fahrer stellt, die übermäßige Geschwindigkeiten herunterdrückt und sportlich doch außerordentlich wertvoll und interessant ist.
Fleißig wurde schon an den Vortagen trainiert und gerade die Meisterschaftsanwärter nahmen es mit dem Training sehr ernst. Unentwegt jagten sie donnernd an der riesigen Steintribüne entlang und vielfältig die Echowirkung, die das Gedröhn um ein mehrfaches verdoppelte und an das Gehör der Zuschauer allerhand Anforderungen stellte.

Schon am Samstagnachmittag legte man einige Rennen für Ausweisfahrer ein, die genauso so pünktlich begannen und genau so flott abgewickelt wurden, wie die Hauptrennen am Sonntag. Wenn alte, erfahrene Rennexperten wie Rudolf Faust, Toni Fleischmann und Otto Ley ein Rennen leiten, wenn Leute vom Schlage eines Fritz Rieß, Rudolf Grenz, Fritz Fallier, Alfred Steiner und — ganz unauffällig wirkend — Georg Moßburger und Fritz König ihnen zur Seite stehen, dann muß es ja wohl stimmen!


Waßmann, Hannover, bei den 125er Maschinen, war es, der mit 79,3 km/st vor dem Frankfurter Dörr siegte. Hacker—Bayreuth blieb mit 89,3 km/st vor Glock—Marburg in der 250er-Klasse und Roch-Helmbrechts mit 90,9 km/st vor Heiß-Augsburg in der 350er-Klasse erfolgreich. Bei den Gespannfahrern siegte das Paar Willand/Balke-Babenhausen mit 83,3 km/st. Am Sonntag startete man zur Einleitung des Rennen der 500er-Ausweisfahrer, das, ganz überlegen mit genau 100 km/st wieder von Hans Meier vor Menenkamp-Springe und und Beisl-München gewonnen wurde.

 

Ein recht interessantes und abwechslungsreiches Rennen sah man von den Formel-Rennwagen. Zunächst jagten sich v. Falkenhausen und Rieß, der sogar in der zweiten Runde in Führung lag. Leider mußte Rieß in der sechsten Runde anhalten und fiel dadurch weit zurück. Briem-Ludwigsburg, dem Rieß kameradschaftlich seinen zweiten Wagen zur Verfügung gestellt hatte, und der freudig begrüßt hier nach vielen Jahren erstmalig wieder am Start erschien, belegte den zweiten Platz hinter v. Falkenhausen, der mit 103,3 km/st einen mehr wie beachtlichen Durchschnitt fuhr. Jäger-Bochum, war der Nächste vor dem Karlsruher Polensky.

Nun aber zu den Meisterschaftsläufen. Den Beginn machten auch hier die "Kleinsten" Karlchen Döring - Wiesbaden der Titelverteidiger, fuhr zwar ausgesprochen mit „Köpfchen" aber er siegte auch in diesem letzten Meisterschaftslauf ganz überlegen mit 85,6 km/st, vor Heinrich-Wiesbaden und Dietrich-Frankfurt, der gleichzeitig Sieger der kompressorlosen Wertung wurde. Mit Friedel Schön-Frankfurt stand ja schon vor dem letzten Lauf der Meister der 250er-Klasse fest. Aber er hatte den Ehrgeiz, auch diesen Lauf als Sieger der kompressorlosen Wertung zu beenden und schaffte dies auch. Gablenz-Karlsruhe gab vom Start bis ins Ziel die Führung nie ab. Er hat lange gebraucht, um seine Maschine in die richtige Form zu bringen. Aber jetzt ist es wirklich so weit und nur wer Karl Gablenz schlägt, kann jetzt ein Rennen der 250er-Klasse gewinnen. Der Ex-Meister H. P. Müller lag ständig am zweiten Platz, doch unentwegt von dem kleinen Daiker verfolgt, der zäh und verbissen kämpfte und sich schließlich doch mit 3,5 Sekunden geschlagen bekennen musste. Gablenz fuhr 97,1 km/st. Kohfink-Bietigheim fuhr wieder einmal mehr wie „einst im Mai“ und belegte den vierten Platz vor dem Wiesbadener Wolf und Friedel Schön.
Schade, daß im Rennen der 350er-Klasse der neue Deutsche Meister Siegfried Wünsche, Ingolstadt, schon in der ersten Runde Kerzenschaden hatte. Er wäre vielleicht imstande gewesen, den Vorjahresmeister Herz zu einem etwas höherem Tempo zu veranlassen Zwar kam dieser aus der ersten Runde erst als Vierter wieder, in der zu Aller Überraschung die „Säuglinge" Schnell und Thorn-Prikker das Feld anführten, aber dann legte er sich - einmal in Front - sein Tempo zurecht und beherrschte ganz souverän die Situation. Er siegte mit 103,6 km/st und einer schnellsten Runde von 109,0 km/st. Ganz großartig zu ihm hielt sich der Karlsruher Schnell, der 30 Sekunden später als Zweiter und gleichzeitig als Sieger der kompressorlosen Wertung einkam. Er erreichte damit zwar die gleiche Punktzahl wie Wünsche, der sich in prachtvoller Fahrt vom 23. Platz bis auf den dritten vorarbeitete und damit den Meistertitel errang, aber da bei Punktgleichheit die bessere Plazierung beim Meisterschaftslauf in Schotten maßgebend war, wurde Wünsche, dem es wohl zu gönnen ist, Deutscher Meister. Schnell, der nun zum dritten Male hintereinander jeweils den zweiten Platz in der Deutschen Meisterschaft belegte, zählt heute nicht nur zu den besten deutschen Privatfahrern, sondern ist auch ein – maschinell gesehen – Könner von hohen Graden. Sein Fahrwerk ist eine der besten und ausgereiftesten Konstruktionen und verdient besondere Beachtung. Knees-Braunschweig, belegte den vierten Platz vor dem zweiten Saugmotorenfahrer Thorn-Prikker.


 

Wieder einmal heißt der Deutsche Meister der 500er-Klasse Georg Meier. Es hieße Eulen nach Athen tragen, wenn man noch viel über ihn sagen wollte. Mit 111,3 km/st fuhr er Tagesbestzeit und mit 114; km/st seine schnellste Runde. Als Fleischmann aus der dritten Runde wegen Getriebeschaden nicht mehr wiederkam, war er schon klar distanziert und Wiggerl Kraus, der mit 107,2 km/st die zweitbeste Zeit des Tages fuhr, war zum Schluß der einzige nicht überrundete Fahrer. Walter Zeller- Hammerau, siegte bei den „Kompressorlosen“ nach einer feien Fahrt vor Hoske, Eberlein und Rührschneck, der endlich wenigstens einmal das Ziel erreichte. Genau wie Meier, der in ununterbrochenen Reihenfolge seine dritte Meisterschaft errang, wurde auch Sepp Müller-München mit seinem Beifahrer Rührschneck zum dritten Male in der 1200er - Seitenwagenklasse. Er siegte aber auch mit einem Durchschnitt von 94,6 km/st, trotzdem Klankermeier bis zur 5. Runde das Feld überlegen anführte. Dann aber fiel er durch eine Vergaserstörung verursacht, bis auf den 5. Platz zurück und belegte mit nur 16 Sekunden Rückstand doch noch den zweiten Platz vor Schäfer/Huser-München und Roth/Ruf-Niederhausen.
Meister-Titel zu sichern! Eine großartige Leistung, wenn man bedenkt, daß er vor zwei Jahren noch Ausweisfahrer war. Hermann Böhm mit Beifahrer Fuchs-Nürnberg, dessen Pechsträhne nun hoffentlich endlich einmal abreißt, gewann stürmisch bejubelt von seinen Landsleuten das Rennen mit der besten Zeit der Beiwagen von 99,6 km/st und einer schnellsten Runde mit 100,5 km/st Am dritten Platz und damit gleichzeitig Sieger in der kompressorlosen Wertung Schmid/Mittel-mayer-Sindelfingen, vor Seppenhauser/Wenshofer-München.
Den sechs neuen Deutschen Meistern gilt unser herzlichster Glückwunsch! Keinem von ihnen wurde es besonders leicht gemacht und ihnen allen muß man attestieren, dass sie wirklich Meister sind. Aber zum Mann gehört auch die Maschine. Döring errang seine Meisterschaft auf DKW, Friedel Schön auf Bücker-Jap, Siegfried Wünsche auf DKW und schließlich Georg Meier, Max Klankermeier und Sepp Müller auf BMW.
Schon eine Woche später, am Sonntag den 2. Oktober dröhnen auf dem so interessanten, 5,5 Kilometer langen Kölner Autobahn-Kurs erneut die Motore. Die Spitzenfahrer aller
Klassen der Motorräder und der Wagen treffen hier zum letzten Male in dieser Saison aufeinander. Der Kölner Club für Motorsport hat zu diesem Rennen eine große Sternfahrt ausgeschrieben und wenn die Aktiven dann ihre Maschinen. in die Boxe schieben, dann tagen dort die Männer, die mitbestimmend sind für die Geschicke des deutschen Motorsportes.

 

zurück - back!